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Andrey Bulezyuk: Ausbruchsstrategie – Trading mit variablen Kanälen.

Sicherlich kennen einige Trader den Donchian-Kanal und die meisten dürften den Gleitenden Durchschnitt schon im Trading eingesetzt haben. Kombiniert man diese Indikatoren, ergibt sich eine vielseitige Strategie, die viel Platz zur individuellen Anpassung schafft. Der Autor zeigt Ihnen zwei Varianten, die die Anwendung dieser Strategie in verschiedenen Marktphasen beziehungsweise verschiedenen Märkten ermöglichen.



AUSBRUCHSSTRATEGIE - TRADING MIT VARIABLEN KANÄLEN

Allgemeines zur Strategie

Die Strategie ist vor allem in zwei Situationen besonders gut handelbar. Einerseits in trendstabilen Märkten, mit einer Zeiteinheit von fünf Minuten bis zu einer Stunde für Aktien oder Währungspaare. Die Zeiteinheit ist so gewählt, da die meisten Währungspaare zu viele Fehlsignale im 1-Minuten-Chart generieren würden, weswegen sich der Handel hier nicht empfiehlt.

Andererseits ist die Strategie in überdurchschnittlich volatilen Märkten profitabel. In diesem Fall verändert sich aber das Trading-Verhalten  und die Haltedauer. Der Gewinn der Position fällt außerdem kleiner aus als im ersten Fall, und es ist eine eigene Ausstiegsart nötig, die im späteren Verlauf besprochen wird.

Doch wie erkennt man, ob es sich um einen trendstabilen oder einen volatilen Markt handelt? Bild 1 zeigt deutlich den Unterschied zwischen diesen beiden Märkten: Ein trendstabiler Markt (links im Bild) weist klare Trends nach oben oder unten auf, die generell länger andauern. Tiefs als auch Hochs sind eindeutig zu erkennen. Ein volatiler Markt (rechts im Bild) hingegen ist in Seitwärtsphasen anhand relativ großer Ausbrüche nach unten oder oben zu erkennen.



Kombination von Donchian und gleitendem Durchschnitt

Der Donchian-Kanal wird aus dem Höchststand und dem Tiefststand der letzten x Perioden gebildet. Diese ergeben die beiden Linien ober- und unterhalb des Kurses und zeigen dessen Schwankungsbreite innerhalb der letzten x Perioden an. Der Mittelwert bildet die dritte Linie. Der Ausbruch aus dem Kanal generiert unser Handelssignal für den Ein- und Ausstieg. Die Funktionalität dieses Indikators ergibt sich dabei durch die Bereitschaft der Marktteilnehmer, in Richtung des Ausbruchs zu handeln, da sie von einer Fortsetzung der Bewegung überzeugt sind. Generell gilt:

  • Überschreiten des  x-Perioden-Hochs = Kaufsignal
  • Unterschreiten des x-Perioden-Tiefs = Verkaufssignal

Nun kommt der Gleitende Durchschnitt (Moving Average = MA)  hinzu. Wir verwenden für die Strategie zwei MAs mit den Einstellungen von je 75 und 100 Tagen, wobei die MAs nur als Filter für den primären Einstiegsfaktor dienen. Die MAs sind nicht im Zusammenhang mit den Kerzen des Charts zu sehen, sondern relativ zueinander. Generell gilt:

  • Bestätigung des Kaufsignals, wenn der kürzere MA (75) über dem längeren MA (100) liegt.
  • Bestätigung des Verkaufssignals, wenn der kürzere MA unter dem längeren MA liegt.


Trading in trendstabilen Märkten

Bei der ersten möglichen Handelssituation konzentrieren wir uns auf  Märkte, in denen die Trends relativ lange und stabil anhalten. Die Zeiteinheit kann beliebig gewählt werden, allerdings sollte man sich klar machen, dass man im 5-Minuten-Chart viel mehr Trades ausführt als im 1-Stunden-Chart. Dies ist natürlich mit mehr Arbeit verbunden, resultiert jedoch nicht automatisch in höheren Gewinnen.

Welche Einstellungen verwende ich?

Die Anzahl der Perioden, aus denen der Donchian- Kanal die Tiefs und Hochs berechnen soll, lässt sich relativ leicht herausfinden. Die meisten profitablen Einstellungen bei allen Zeiteinheiten kürzer als der Tageschart liegen zwischen 16 und 100 Perioden. Man fängt mit der Beobachtung der kleinsten Periodenanzahl (16) an. Sollte diese Einstellung zu viele Fehlsignale generieren, erhöht man die Anzahl der Perioden und wiederholt das Verfahren so oft, bis die Einstellung profitable Signale liefert. Je kleiner dabei die Zeiteinheit, desto öfter sollte man die Anzahl der Perioden anpassen (einmal in der Woche oder einmal im Monat). Dabei sollte sich die Änderung der Anzahl nicht extrem von der vorherigen Periodenanzahl unterscheiden, denn das würde die Einstiege des Indikators an die bereits vergangene Marktsituation anpassen. Daraus entstehen zukünftige Verlust-Trades, da der Indikator nicht an die „Standardphase“ angepasst ist.

Die richtige Einstellung der MAs gestaltet sich nun schwieriger. Sie werden nur als Filter genutzt, um Fehl-Trades in Korrekturtrends zu vermeiden. Da die Periodenanzahl des Donchian-Kanals zwischen 16 und 100 variiert, werden Signale bereits in einer Korrektur- beziehungsweise einer Seitwärtsbewegung generiert. Somit sind die meisten Fehl-Trades gegen den (übergeordneten) Trend gestellt. Im Umkehrschluss muss man die zwei MAs so einstellen, dass sie Seitwärts- und Korrekturphasen herausfiltern. Bei der Einstellung der MAs sollte man sich den Trend eines Marktes von Anfang bis Ende im Chart ansehen. Als nächstes passt man die Periodenanzahl der MAs so an, dass sich diese in einer Korrektur- oder Seitwärtsphase nicht kreuzen. Eine Anpassung dieser Einstellung muss etwas seltener als beim Donchian-Indikator erfolgen.

Wie finde ich den Ein- und Ausstieg?

Um den Einstiegspunkt in einer Trendphase zu finden, gilt generell folgendes:

  • Long: Wenn der Preis die obere Donchian-Linie (das relative Hoch) übersteigt und der kürzere MA (75) über dem längeren MA (100) liegt.
  • Short: Wenn der Preis die untere Donchian-Linie (das relative Tief) unterschreitet und der kürzere MA unter dem längeren MA liegt.

Der Ausstieg wird ebenfalls mithilfe des Donchian-Kanals und den beiden MAs festgelegt:

  • Schließen der Long-Position, wenn der Preis die untere Donchian-Linie (das relative Tief) unterschreitet.
  • Schließen der Short-Position, wenn der Preis die obere Donchian-Linie (das relative Hoch) überschreitet.

Beispiel für Long-Einstieg in trendstabilen Märkten

In Bild 2 sieht man einen möglichen Long-Einstieg, bei dem der Donchian das erste Signal generiert. Die Periodenanzahl für den Kanal wurde auf 32 festgelegt, nachdem diese Einstellung die profitabelsten Signale lieferte. Als nächstes überprüfen wir, ob der Filter diese Richtung bestätigt. Wird das Signal bestätigt, steigen wir in die Position ein. Ist dies nicht der Fall, ignorieren wir das Signal. Im Beispiel ist der DAX im 5-Minuten-Chart abgebildet. Der Long-Einstieg wird bei zirka 9525 Punkten aktiviert. Dieses Signal hat funktioniert, weil die Marktteilnehmer auf eine anhaltende Ausbruchsbewegung wetteten. Der Stopp-Loss wird automatisch an die gegenüberliegende Linie (rot), also das relative Tief gesetzt. Im Laufe des Trades kann man den Stopp-Loss entlang dieser Linie nachziehen oder manuell den Trade beim Ausbruch nach unten schließen. Dabei empfiehlt sich generell ein Trailing-Stopp, um sich gegen unerwartete Bewegungen abzusichern. Der DAX erreichte in diesem Beispiel die rote Linie bei zirka 9840 Punkten und die Position wurde geschlossen. Man sieht, dass nach Schließen der Position der DAX in eine größere Korrektur geraten ist. Somit haben wir mit Einhalten des Ausstiegssignals in diesem Trade den ganzen Trend getradet und mussten keine Gewinne aufgrund der Korrektur abgeben.



Trading in volatilen Märkten

Setzen wir nun unsere Strategie auf volatilen Märkten um. Im volatilen Marktumfeld ist die Haltedauer der Position kürzer. Somit wird auch die psychologische Belastung minimiert.

Wir brauchen einen zweiten Donchian-Kanal in unserem Chartbild, diesmal aber mit einer kürzen Einstellung. In Bild 3 sieht man den zweiten Indikator als gestrichelte rote beziehungsweise blaue Linie. Für den ersten Donchian-Kanal können Sie die Anzahl der Perioden aus dem trendstarken Markt übernehmen, in diesem Fall 32. Die Anzahl der Perioden für den zweiten und auch kürzeren Kanal variiert zwischen 2 und 16. Bei trendstabilen Märkten haben wir mit unserer Hoch- beziehungsweise Tieflinie aus dem Kanal versucht, Korrekturen und Seitwärtsphasen zu vermeiden, sodass diese sich innerhalb des Kanals ausbildeten und vollendeten, ohne ein Signal zu generieren. In einem volatilen Markt möchten wir die Bewegung handeln und schnellstmöglich ein- beziehungsweise aussteigen. Deswegen fungiert der zweite Donchian-Kanal als Ausstiegssignal.

Wie finde ich den Ein- und Ausstieg? Die Periodenanzahl für den ersten Kanal sollte mehr oder weniger aus der ersten Variante (16 bis 100) übernommen und stetig angepasst werden. Der wichtigste Unterschied ist hierbei, dass Sie die Möglichkeit haben, auf einen bestätigten Ausbruch zu warten. Man spricht von einem bestätigten Ausbruch, wenn die Kerze der Zeiteinheit ober- oder unterhalb eines bestimmten Levels schließt. Bei Seitwärtsphasen ist der Erfolg der Strategie stark davon abhängig, ob Sie bereits direkt beim Über-beziehungsweise Unterschreiten der Linie einsteigen oder die Bestätigung durch die MAs abwarten. Ihren Einstieg wählen Sie nach den Regeln aus trendstarken Märkten. Der zweite Donchian-Kanal gibt Ihnen dann den Ausstieg vor.

Hier passen Sie entweder Ihren Stopp-Loss dem zweiten Donchian-Kanal an oder schließen die Position am Gegensignal des kleineren Kanals. Die Regeln für den Ausstieg sehen dann wie folgt aus:

  • Schließen der Long-Position, wenn der Preis das relative Tief des zweiten Donchian-Kanals unterschreitet.
  • Schließen der Short-Position, wenn der Preis das relative Hoch des zweiten Donchian-Kanals überschreitet.

Beispiel für Long-Einstieg in volatilen Märkten In Bild 3 sehen wir den USD/CHF im Stundenchart. Unser Long-Einstieg wurde vom ersten Donchian-Kanal beim    Überschreiten der oberen Trendlinie (blaue Linie)    bei zirka    0,92000 generiert.    Zur Überprüfung    schauen    wir uns die Moving Averages an, sodass wir keinen Gegentrend-Trade eröffnen. Die zwei MAs weisen auf eine langfristige Aufwärtsbewegung hin. Die meisten Marktteilnehmer spekulierten also auf eine Bewegung in Richtung des Ausbruchs, genau wie im ersten Beispiel. In einem volatilen Markt sind die Bewegungen bei einem Ausbruch jedoch viel größer, schneller und somit riskanter. Wir passen unseren Stopp-Loss der gestrichelten roten Linie, also dem zweiten, kürzeren Donchian-Kanal mit der Periodenanzahl von 8 an. Somit sichern wir uns einen schnellen Gewinn und beenden unseren Trade bei zirka 0,93160.

FAZIT ZUR AUSSBRUCHSSTRATEGIE - TRADING MIT VARIABLEN KANÄLEN

Insbesondere für Anfänger ist die Strategie in trendstabilen Märkten geeignet, denn hier halten die Trends länger an. Desweiteren muss der Einstieg nicht punktgenau erfolgen. Jedoch erfordert das eine größere Disziplin um verfrühte Gewinnmitnahmen zu vermeiden. Je nach Trading-Horizont lassen sich beide Varianten der Strategie intraday aber auch längerfristig anwenden. In jedem Fall sollte die Einstellung der Indikatoren entsprechend an die Marktsituation angepasst werden.


Andrey Bulezyuk ist Autor des Buchs „Algorithmisches Trading“. Im Devisenbereich beschäftigt er sich vor allem mit der Technischen und Fundamentalen Analyse sowie Entwicklung von automatisierten Handelssystemen. Quelle: Traders' Mag.

Andrey Bulezyuk



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