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Damoklesschwert Regulierung: Gefahr für Kryptowährungen?
Immer mehr Regulierungsbehörden warnen vor Geldanlagen im Kryptobereich. Gestern forderte auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine globale Regulierung von Kryptowährungen. Worauf müssen sich Anleger und Trader einstellen?
Investitionen in digitale Vermögenswerte gelten als hochspekulative Anlagen und unterliegen einer hohen Volatilität und sind daher möglicherweise nicht für alle Anleger geeignet. Jeder Anleger sollte sorgfältig und womöglich mithilfe externer Beratung prüfen, ob digitale Vermögenswerte für ihn geeignet sind. Stellen Sie sicher, dass Sie jeden digitalen Vermögenswert verstehen, bevor Sie diesen handeln.
Die Einschläge kommen immer näher: Zu Beginn der Woche warnte die britische Finanzaufsicht FCA davor, dass Anleger in Kryptowährungen sich darauf einstellen müssten, ihr gesamtes investiertes Geld zu verlieren.
Sie wollen alles kontrollieren
EZB-Präsidentin Christine Lagarde fordert eine globale Regulierung von Kryptowährungen. "Es muss eine Regulierung geben", sagte Lagarde auf dem Onlineforum "Reuters Next". Um Schlupflöcher zu vermeiden, die mit Sicherheit ausgenutzt würden, müsse eine Regulierung von Kryptowährungen auf globaler Ebene etabliert werden, sagte Lagarde. Die Forderung nach einer Regulierung von Kryptowährungen ist nicht neu, gewinnt aber angesichts des jüngsten Krypto-Booms an Brisanz. Der Wert des Bitcoins etwa hat sich seit Anfang Oktober fast vervierfacht.
Die starke Wertentwicklung der Kryptowährungen bereitet Regulierern und den Notenbanken verständlicherweise Sorgen. Die Kryptowährungen entwickeln sich immer mehr zur Fluchtwährung für Anleger, die der hemmungslosen Geldmengenausweitung durch die Zentralbanken entgehen wollen. Die EZB etwa hat ihre Bilanzsumme seit Anfang 2020 um rund 50 Prozent(!) ausgeweitet. Beim Bitcoin hingegen ist die "Geldmenge" bis in alle Ewigkeit auf 21 Millionen Einheiten begrenzt und kann nicht willkürlich durch eine zentrale Instanz wie eine Notenbank verwässert werden.
Der Vorwand zur Kontrolle
Der Vorteil von Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum besteht gerade darin, dass sie ohne eine zentrale Kontrollinstanz auskommen und auf einem dezentralen Netzwerk basieren. Kryptowährungen wie Bitcoin & Co. können nicht von einer zentralen Stelle gesteuert werden, sondern beruhen auf einem Peer-to-Peer-Netzwerk, also einem offenen Netzwerk von Rechnern, dem jeder beitreten kann und das jeder wieder verlassen kann. Das macht eine globale Regulierung, wie von Lagarde gefordert, schwierig bis unmöglich.
Die offene Architektur von Bitcoin und Co. abseits des staatlich kontrollierten Finanzsystems führt dazu, dass die Kryptowährungen auch für kriminelle Zwecke missbraucht werden. Darauf spielte auch Lagarde an, als sie am Mittwoch sagte, bei Bitcoin habe es "einige komische Geschäfte und einige interessante und total verwerfliche Geldwäscheaktivitäten" gegeben. Allerdings betrifft dieses Problem keineswegs nur den Bitcoin. Auch Fiat-Währungen wie Euro und Dollar werden für Geldwäscheaktivitäten missbraucht, vermutlich sogar noch weitaus stärker als Kryptowährungen.
Wie realistisch ist eine globale Regulierung von Kryptowährungen?
Da die Kryptowährungen auf Peer-to-Peer-Netzwerken ohne zentrale Kontrollinstanz beruhen, ist eine Regulierung der Kryptowährungen selbst schwierig bis unmöglich. Was allerdings reguliert werden kann, sind die Punkte, an denen sich Kryptowährungen und das traditionelle Finanzsystem berühren. So könnten etwa Kryptobörsen, an denen Bitcoin und andere Kryptowährungen gekauft und wieder verkauft werden, strenger kontrolliert werden. Hier könnten etwa strengere Vorschriften erlassen werden, um Geldwäsche mit Kryptowährungen besser zu verhindern. (Allerdings gibt es inzwischen auch sogenannte "Decentralized Exchanges", an denen Kryptowährungen gegen andere Kryptowährungen ebenfalls über ein Peer-to-Peer-Netzwerk ohne zentrale Instanz gehandelt werden können.) Auch die kommerziellen Anbieter von Wallets (Software-Programme, in denen Kryptowährungen verwahrt werden), könnten von einer Regulierung betroffen sein.
Gleichwohl ist derzeit kaum absehbar, wie eine globale Regulierung tatsächlich aussehen könnte und funktionieren soll. Das macht es schwierig, zu beurteilen, welchen Einfluss Regulierungsmaßnahmen wohl auf die künftige Wertentwicklung von Bitcoin & Co. haben. Denkbar sind durchaus auch paradoxe Effekte: Als etwa die Bundesregierung die Grenze für den anonymen Goldkauf senkte, führte das nicht etwa zu einer sinkenden, sondern zunächst zu einer steigenden Nachfrage nach dem Edelmetall. Viele Anleger kauften noch schnell, bevor die niedrigere Grenze für den anonymen Goldkauf in Kraft trat. In früheren Zeiten hatten Verbote des privaten Goldbesitzes zudem häufig den Effekt, dass der Preis für das Edelmetall nicht etwa sank, sondern sogar anstieg. Das galt gleichwohl nur für den Schwarzmarkt, wo Gold nicht zu staatlich festgesetzten Preisen gehandelt wurde. Ähnliche paradoxe Effekte könnten auch auftreten, sollte der Besitz von Kryptowährungen kriminalisiert werden.
Fazit
In einer Welt mit einer immer strengeren Überwachung und Kontrolle haben Kryptowährungen, die sich dieser Kontrolle und Überwachung schon konstruktionsbedingt ein Stück weit entziehen, auf jeden Fall eine Existenzberechtigung. Gleichwohl könnten Regulierungsbemühungen eine ernsthafte Gefahr für die Wertentwicklung von Bitcoin & Co. bedeuten. Wie diese Gefahr konkret aussieht, lässt sich aber kaum abschätzen, solange nicht klar ist, welche Regulierungsmaßnahmen tatsächlich geplant sind. Oliver Baron
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