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Andrey Bulezyuk: Die Counter-Attack-Strategie
Offensiv gegen den Forex-Markt. Jede mögliche Bewegung des Marktes zu kontern, hört sich nach viel Arbeit an. Diese Bewegungen dann auch noch profi tabel zu meistern, ist fast schon utopisch. In diesem Beitrag wird eine Strategie vorgestellt, die versucht, diese Idee zu verwirklichen, ohne dabei das Konto einem großen Risiko auszusetzen.
Zuerst werden wir diese Strategie in ihre Bestandteile zerlegen und uns nachfolgend einige Beispiel-Trades anschauen. Die Counter-Attack-Strategie ist eine Range-Strategie, das heißt, wir möchten nicht mit dem Trend laufen, sondern versuchen, unsere Trades schnellstmöglich mit einem Gewinn zu schließen. Diese Handelsidee funktioniert am besten in kleineren Zeiteinheiten – in unseren Beispielen wird der 5-Minuten-Chart verwendet. Folgende vier Indikatoren brauchen wir:
- Average Directional Index (ADX) als Range-Filter für den Einstieg
- Bollinger-Bänder für das Gewinnziel (Take Profit).
- Bollinger-Bänder für den Einstieg.
- ADX als Filter für den Nachkauf.
DIE COUNTER-ATTACK-STRATEGIE
Range-Filter
Da unsere Strategie die Bewegungen „countern“ will, müssen wir uns gegen eine Bewegung positionieren und brauchen somit trendlose Marktphasen. Als Filter für den Einstieg werden zwei Average Directional Indizes (kurz: ADX; siehe Infobox) verwendet. Der erste ADX sollte eine Periodenanzahl unter 20, der zweite ADX-Wert eine Periodenanzahl über 25 und unter 35 haben. Das Grenzniveau liegt zwischen 15 und 20.
Im unteren Bereich von Bild 1 besitzt der ADX 1 die Periode 18 und ist hellblau. Der ADX 2 ist dagegen dunkelblau und besitzt die Periode 29. Der +DI-Wert und der -DI-Wert werden nicht beachtet. Stattdessen rücken die Hauptlinien, also die Trendstärke, in den Mittelpunkt.
Bild 1. Strategie-Setup. Im unteren Bereich von Bild 1 besitzt der ADX 1 die Periode 18 und ist hellblau. Der ADX 2 ist dagegen dunkelblau und besitzt die Periode 29. Das Grenzniveau wurde auf 17 gesetzt. Man kann erkennen, dass der Kurs seitwärts läuft, wenn sich der ADX 2-Wert unter dem Niveau von 17 und unter dem ADX 1-Wert (Punkt 2) befindet. Marktphasen mit höheren und/oder steigenden ADX-Phasen weisen auf langanhaltende Bewegungen hin und werden aus diesem Grund ignoriert (Punkt 1 und 3).
Alle langandauernden Bewegungen in eine Richtung führen zu Verlusten. Ein ADX 2-Wert, der sich unter einem bestimmen Niveau und gleichzeitig unter dem ADX 1-Wert befindet, weist auf eine trendlose Phase hin. Das heißt, dass der Preis sich nicht in eine Richtung bewegt, sondern in einer bestimmten Preisspanne schwankt. Das „bestimmte Niveau“ kann zwischen 15 und 20 schwanken und unterscheidet sich von Handelsinstrument zu Handelsinstrument. Das passende Niveau findet man durch Paper Trading heraus, indem man die Strategie mit unterschiedlichen Grenzwerten auf dem entsprechenden Handelsinstrument simuliert. In Bild 1 wurde das Grenzniveau auf 17 gesetzt. Man kann erkennen, dass der Kurs seitwärts läuft, wenn der ADX 2-Wert unter dem Niveau von 17 und unter dem ADX 1-Wert (Punkt 2) liegt. Marktphasen mit höheren und/oder steigenden ADX Phasen weisen auf langanhaltende Bewegungen hin und werden aus diesem Grund ignoriert (Punkt 1 und 3). Der Range-Filter gibt grünes Licht, wenn die zwei folgenden Kriterien erfüllt sind:
- ADX 1 größer als ADX 2.
- ADX 2 kleiner als 17.
Einstieg
Für den Einstieg werfen wir einen Blick auf die BollingerBänder (BB). Die Periode von BB wurde auf 30 gesetzt. Dieser Indikator bildet mit den beiden Linien unsere Seitwärtsphase. Für den Einstieg gelten folgende Regeln:
- Long: Kurs unterschreitet das untere Band (Trade 2 in Bild 2).
- Short: Kurs überschreitet das obere Band (Trade 1 und 3 in Bild 2).
Bild 2. Bollinger-Bänder als Signalgeber. Die Bollinger-Bänder (BB) dienen als Signalgeber für den Einstieg. Die Periode von BB wurde auf 30 gesetzt. Es gelten die Regeln: Long: Kurs unterschreitet das untere Band (Trade 2); Short: Kurs überschreitet das obere Band (Trade 1 und 3).
Wir kaufen, wenn wir im unteren Bereich einer Seitwärtsphase sind, und verkaufen, wenn wir im oberen Bereich sind. Wir gehen also davon aus, dass der Preis eine sinusförmige Bewegung ausüben wird, wenn er sich in einer trendlosen Phase befindet. Für die Größe der Range, die durch den BB-Indikator gebildet wird, ist der Parameter „Abweichung“ verantwortlich. Je höher die Abweichung, desto weniger Trades werden ausgeführt, da die zwei Bänder seltener vom Kurs erreicht werden, und vice versa. In unserem Fall beträgt die Abweichung 2,4.
Ausstieg
Die Trades werden ohne Stopp-Loss geführt, da die Frequenz der Trades im 5-Minuten-Chart sehr hoch ist, sodass die Trades entweder durch das Erreichen des Take Profits abgeholt oder durch ein darauffolgendes Gegensignal geschlossen werden.
Take Profit
Ein Take Profit in Form einer fixen Pip-Angabe wäre ineffizient, da die Spannweite der Range von Trade zu Trade unterschiedlich ist und von dem Bollinger-Band für den Einstieg (BB_EN genannt) abhängt. Wir brauchen also einen Take Profit, der sich der Spannweite der aktuellen Seitwärtsphase anpasst – erneut Bollinger-Bänder (BB_TP). Der BB_TP besitzt die gleiche Periode wie BB_EN, aber eine andere Abweichung. Es ist empfehlenswert, die BB_TP-Abweichung etwas größer als die BB_EN-Abweichung zu setzen. Dadurch wird der Gewinn eines durchschnittlichen Trades vergrößert. Trade 1 und 3 in Bild 2 wurden durch einen Take Profit geschlossen.
Gegensignal
Ein Gegensignal wird generiert, wenn die Kriterien des Filters erfüllt sind und der Kurs über beziehungsweise unter den Bollinger-Bändern tendiert. Die Signalgenerierung tritt manchmal häufiger auf, als man es möchte, sodass keine großen Bewegungen gegen die Richtung unserer Positionen (Long oder Short) entstehen können. Der zweite Trade aus Bild 2 wurde durch ein Gegensignal geschlossen.
Nachkauf
Der Nachkauf erfolgt nach festen Regeln. Dafür wird ein fester Abstand verwendet, der in den Strategieauswertungen auf fünf Pips gesetzt wurde. Das Nachkaufen hat unter den Tradern einen schlechten Ruf, da es das Risiko erhöht. Das Risiko wird allerdings nur dann erhöht, wenn man blind nachkauft. Die CounterAttack-Strategie wendet jedoch einen Filter an, sodass die Nachkauf-Positionen nur unter bestimmten Bedingungen eröffnet werden dürfen. Daraus ergibt sich ein NachkaufSystem mit geringerem Risiko. Auch sollte man beachten, dass die durchschnittliche Erfolgswahrscheinlichkeit eines Trades bei zirka 69 Prozent liegt (vergleiche Bild 3 „Sell-Positionen (davon gewonnen)“ und „Buy-Positionen (davon gewonnen)“). Die Gewinnwahrscheinlichkeit einer Position, die zu einem günstigeren Preis nachgekauft wurde, liegt also noch höher.
Bild 3. Performance-Kennzahlen. In Bild 3 ist ein Bericht über die Performance unserer Strategie im Jahr 2015 zu sehen.
Als Filter für das Nachkaufen verwenden wir wieder den ADX. Die Periode in unserem Beispiel wurde auf 50 gesetzt. Bei diesem Indikator rückt nicht die Trendstärke, sondern die +DI und -DI Linie in den Vordergrund. Zusätzliche Positionen werden eröffnet, wenn der ADX-Filter folgende Bedingungen erfüllt.
Long-Nachkauf
- +DI: Drei aktuellste Werte sind steigend.
- -DI: Drei aktuellste Werte sind fallend.
Short-Nachkauf
- +DI: Drei aktuellste Werte sind fallend.
- -DI: Drei aktuellste Werte sind steigend.
Durch diese Bedingung wird gesichert, dass nur dann Positionen eröffnet werden, wenn sich der Preis zugunsten unserer ersten Position entwickelt. Das Risiko und der Drawdown werden dadurch stark verringert. Die Performance der Strategie bleibt auch ohne das Nachkauf-System im grünen Bereich.
Das Verhältnis zwischen dem Profit und dem Drawdown ist bei der Counter-Attack-Strategie ohne das Nachkauf-System etwas geringer – das bedeutet, dass das Nachkaufen langfristig profitabler ist.
Auswertung der Strategie
In Bild 3 ist ein Bericht über die Performance unserer Strategie im Jahr 2015 zu sehen. Eine besonders wichtige Zahl stellt das folgende Verhältnis dar: Profit/Drawdown: 8718,20 / 2744,46 = 3,18. Das bedeutet, dass wir für jede gewonnene 3,18 Euro nur einen Euro riskieren. Dieses Verhältnis ist größer als 1 und somit positiv zu bewerten. Die Anzahl der gewonnenen Trades liegt bei zirka 69 Prozent, was bedeutet, dass die Counter-Attack-Strategie überwiegend profitable Signale generiert.
Bild 4 stellt die Kapitalkurve für das Jahr 2015 dar. Das Ergebnis sieht sehr gut aus, wenn man beachtet, dass die Strategie mit einer fixen Positionsgröße (0,1 Lot) handelte. Der Gewinn beträgt 8718,20 Euro – also knapp 87 Prozent Profit für 16,88 Prozent Risiko.
Bild 4. Kapitalkurve für 2015. Bild 4 stellt die Kapitalkurve für das Jahr 2015 dar. Der Gewinn beträgt 8718,20 Euro – also knapp 87 Prozent Profit für 16,88 Prozent Risiko.
Fazit der Counter-Attack-Strategie
Abschließend interessiert uns, ob diese Strategie langfristig funktioniert. Denn es bringt uns nichts, wenn die Strategie nur ein Jahr profitabel agiert und im restlichen Zeitraum Geld verbrennt. In Bild 5 sieht man die Kapitalkurve der Counter-Attack-Strategie von 2001 bis Ende 2015. Die Anzahl der Trades (zirka 33 000) hebt die hohe Frequenz der Trades hervor. Es ist zu erkennen, dass das Kapital von 10 000 auf 50 000 Euro mit fixer Positionsgröße (0,1 Lot) vermehrt wurde. Die Tatsache, dass diese Strategie seit 2001 im Durchschnitt profitabel agierte, weist auf die universelle Verhaltensweise des Marktes in kleineren Zeiteinheiten (eine bis 15 Minuten) und das profitable Ausnutzen dieser Verhaltensweisen hin.
Bild 5. Kapitalkurve von 2001 bis 2015. In Bild 5 sehen Sie die Kapitalkurve der Counter-Attack-Strategie von 2001 bis Ende 2015. Die Anzahl der Trades (zirka 33 000) hebt die hohe Frequenz der Trades hervor. Es ist zu erkennen, dass das Kapital von 10 000 auf 50 000 Euro mit fixer Positionsgröße (0,1 Lot) vermehrt wurde.
Andrey Bulezyuk ist Autor des Buchs „Algorithmisches Trading“. Im Devisenbereich beschäftigt er sich vor allem mit der Technischen und Fundamentalen Analyse sowie Entwicklung von automatisierten Handelssystemen. Quelle: Traders' Mag.
Andrey Bulezyuk