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Die Trading-Strategie von André Rain – Ausbruchstrading
André Rain ist seit dem Jahr 2000 aktiv im Aktienhandel und startete schon bald mit der autodidaktischen Ausbildung der Chartanalyse. Die Faszination für die Charttechnik führt ihn im Mai 2005 zu GodmodeTrader.de, wo er als technischer Analyst mit Schwerpunkten in Aktien- und Devisenanalysen tätig ist. Dabei hat er sich auf den Handelsstil des Ausbruchstradings spezialisiert, mit dem er an kurzen, dynamischen Marktbewegungen partizipiert. Seiner Meinung nach ist der Chart das beste Instrument zur Auswertung und Prognose von Bewegungen an den Finanzmärkten.
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Die Tradingstrategie von André Rain
1. Ausbruchstrading – dynamische Bewegungen handeln
Mit verschiedensten Methoden und Techniken versuchen die Menschen seit Jahrzehnten, das Kursgezappel der Börsen greifbar und prognostizierbar zu machen. Besonders seit dem Siegeszug des Internet beschäftigen sich immer breitere Bevölkerungsgruppen mit den Finanzmärkten. Es sind nicht mehr nur Banker, Broker oder steinreiche Spekulanten, sondern auch immer mehr Otto Normalverbraucher, von der Hausfrau bis zum Studenten, die versuchen, sich ein kleines Taschengeld dazuzuverdienen. Nie waren die technischen Möglichkeiten besser, vom heimischen Computer oder sogar vom Smartphone aus alle nötigen Informationen von News über Charts zu erhalten und per Onlinebrokerage in Sekundenschnelle zu kaufen und zu verkaufen. Das Ganze direkt in Aktien, Devisen, Derivaten oder CFDs – 24 Stunden am Tag und zu teilweise sehr günstigen Gebühren und Konditionen. Kurz gesagt: Die Möglichkeiten des Tradings scheinen nahezu unbegrenzt, jeder kann es heute wann und wo auch immer praktizieren. Nur eines hat sich nicht verändert: Die Börse selbst. Ungeachtet davon, wer auf welche Weise versucht, mitzumischen und seine Brötchen zu backen, zucken die Kurse täglich munter weiter. Und vergleichbar mit einem reißenden Fluss oder einem wilden Tier lässt sie sich auch mit neusten technischen Möglichkeiten kaum bändigen. Drum verwundert es auch nicht, dass nach wie vor ein größerer Teil der Börsenteilnehmer erfolglos bleibt und nur ein kleiner Kreis dauerhaft Profite erzielt. Man könnte noch Stunden über das Wesen der Börse philosophieren und etliche Bücher damit füllen, letztendlich bleibt die Börse, was sie ist: unberechenbar. Egal, welches Werkzeug man anwendet, ob fundamental oder technisch, es bleibt immer ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten. Nichts ist sicher an der Börse, keine Aussage, keine Prognose bezüglich künftiger Entwicklungen.
Nach 13 Jahren aktivem Handel an der Börse habe ich mich schon lange vom Traum des schnellen Reichtums an der Börse verabschiedet und die Ziele viel tiefer angesetzt – zu meinem Glück. Die Charttechnik war dabei die entscheidende Hilfe. Nach vielen Jahren des Ausprobierens verschiedener Techniken habe ich mit der Kombination aus verschiedenen charttechnischen Methoden, darunter sehr dominant das Ausbruchstrading, auf die Erfolgsspur gefunden. Der Chart ist meiner Meinung nach der direkteste und ehrlichste Zugang zur Börse. In ihm spiegeln sich die Absichten und Tendenzen der Marktteilnehmer unverfälscht wider, ganz unabhängig von Gerüchten, Kommentaren, Ratings oder sonstigen in Bild und Ton verbreiteten Meinungen und Interpretationen von Marktteilnehmern. Aus diesem Grund ist in meinen Augen die Charttechnik das am besten geeignete Mittel zur Einschätzung von Charts und Prognoseerstellungen für Tendenzen eines Basiswertes. Innerhalb der Charttechnik gibt es verschiedene Disziplinen, die jeder Trader individuell auf seine Bedürfnisse und mentale Konstitution abgestimmt testen und kombinieren muss.
Das Ausbruchstrading ist einer von vielen Tradingansätzen, der je nach angesetztem Zeithorizont des Trades verschiedene Vorteile gegenüber anderen Ansätzen bietet. Im kurzfristig angelegten Zeithorizont erhält man hohe Wahrscheinlichkeitswerte für die nächste Anschlussbewegung, auf längere Zeiträume angesetzte Trades erhalten ausgesprochen gute Chance-RisikoVerhältnisse. Wie auch immer man das Ausbruchstrading anlegt, stets bietet es einen entscheidenden Vorteil: Der Trade ist prozyklisch angelegt, sprich, es wird im Sinne eines übergeordneten Trends beziehungsweise einer vorangegangenen Trendbewegung gehandelt. Das ist zwar keine Garantie für erfolgreiche Trades, doch ist innerhalb eines soliden Trends die Gefahr plötzlicher und starker Bewegungen in die Gegenrichtung tendenziell geringer. Im Folgenden wird das Ausbruchstrading detailliert beschrieben und die Vorgehensweise anhand von Beispielen erläutert.
2. Der Trend
Bevor es an die Details des Ausbruchstradings geht, müssen zunächst das Umfeld betrachtet und die Grundstrukturen der Marktbewegungen klassifiziert werden. Den übergeordneten Trend zu kennen ist die Grundlage für die Prognoseerstellung in vielen charttechnischen Disziplinen und besonders auch im Ausbruchstrading. Als Trend wird in der Charttechnik eine längere Bewegung in eine Richtung betrachtet, wobei mit den Kursschwankungen innerhalb der Bewegung eines Aufwärtstrends in der Regel höhere Tiefs und höhere Hochs ausgebildet werden. Die Bewegung kann während ihres Bestehens unterschiedlich schnell verlaufen. Mal gemächlich, schwankungsfreudig, Unentschlossenheit ausstrahlend, dann wieder schnell, steil, direkt und ohne größere oder längere Rücksetzer. Zur besseren Verständlichkeit betrachten wir im Folgenden einen Aufwärtstrend. Die Definitionen gelten umgekehrt dann für einen Abwärtstrend.
3. Die Korrektur
Regelmäßig wird die dominante Marschrichtung eines Basiswertes, hier der Aufwärtstrend, temporär unterbrochen durch trendlose Phasen, in welchen die Käufer kurzzeitig kraftlos erscheinen. Dabei kommt es im Falle deutlicher Korrekturen zu größeren Kursrücksetzern, im Falle leichter Korrekturen pendelt sich der Basiswert seitwärts ein. Interessant für das Ausbruchstrading sind in erster Linie flache, seitwärts gerichtete Korrekturbewegungen. Das Wechselspiel aus kurzen Trendschüben und anschließenden Konsolidierungen war zum Beispiel 2012 bei der TUI-Aktie gut zu erkennen:
Abbildung 1: Washington Mutual Tageschart – Massiver Kurseinbruch am 12. März 2010
Seitwärtskorrekturen können sowohl leicht abwärts als auch leicht aufwärts in Trendrichtung erfolgen. Das Grundprinzip der schwachen Konsolidierung bleibt dabei stets dasselbe: Die Käufer sind zu schwach, um eine Trendfortsetzung zu forcieren, auf der anderen Seite versagen aber auch die Bären bei dem Versuch, die Preise deutlich fallen zu lassen. Die Folge ist jedes Mal eine früher oder später einsetzende Trendfortsetzung im Sinne der übergeordneten Aufwärtsbewegung. Hier ein anschauliches Beispiel am Apple-Chart der Jahre 2009 bis 2012:
Die Seitwärtskonsolidierungen können darüber hinaus neben den gezeigten Rechtecken und Kanälen eine Vielzahl anderer Formationsmuster ausbilden. Die meisten lassen sich klassifizieren, wobei auch oft irreguläre, »unsaubere« Muster zu erkennen sind. Bei diesen irregulären Formationen kann der Charakter zwar erahnt werden, saubere Triggermarken fehlen jedoch. Die beliebtesten Kursmuster sind in der folgenden Grafik zusammengefasst. Zur Begriffserläuterung: Konsolidierungen sind in der Regel Fortsetzungsformationen, weil ihnen meist eine Fortsetzung des übergeordneten Trends folgt. Insbesondere Dreiecke oder dreiecksähnliche Korrekturen sind relativ häufig zu beobachten und bilden mit die stärksten Fortsetzungsformationen.
4. Der Ausbruch
Nach der Veranschaulichung der Kursmuster kommen wir nun zum Kern der Tradingmethode, dem Ausbruch. Der Ausbruch signalisiert den Moment, in dem der Übergang von einer trendlosen Marktphase in eine Trendbewegung erfolgt. Der psychologische Hintergrund ist die Verschiebung des während der Konsolidierung herrschenden Gleichgewichts von Käufern und Verkäufern im Sinne des übergeordneten Trends. Beim Ausbruch nach oben innerhalb eines Aufwärtstrends kapitulieren also die Verkäufer und beenden ihre Shorttrades beziehungsweise streichen die Shortabsichten, neue Käufer strömen mit dem Signal in den Markt und sorgen für eine Trendfortsetzung. Stopp-Loss-Wellen letzter Shorttrader beschleunigen die Rallye dann zusätzlich. Zusammen ergibt das oftmals eine dynamische erste Ausbruchsbewegung. Der Ausbruch kann durch einen Anstieg über ein markantes Preisniveau (Horizontalunterstützung) oder eine Trendlinie geschehen. Im Abwärtstrend analog durch einen Rückfall unter entsprechende Preismarken. Für das prozyklische Ausbruchstrading werden Ausbrüche in Trendrichtung bevorzugt, da hier erhöhte Wahrscheinlichkeitswerte für die erwarteten Bewegungen erreicht werden.
Am Beispiel der Boeing-Aktie im Wochenchart ist der Übergang von einer trendlosen Seitwärtsbewegung in einem Dreieck in eine dynamische Rallye zu erkennen, welche mit dem Anstieg über 77,83 Dollar am 5. März 2013 ihren Anfang nahm:
Der Ausbruch zeigt an, dass die Marktteilnehmer bereit sind, wieder die alte Marschroute einzuschlagen. Der vorangegangene Gleichgewichtszustand innerhalb der Konsolidierung ist beendet, die Interessen von Bullen und Bären sind befriedigt. Mit dem Ausbruch wird ein neues Kapitel aufgeschlagen, ab jetzt herrscht wieder eine Drucksituation: Die eine Partei der Marktteilnehmer gerät wieder in Schieflage, Zwangseindeckungen beziehungsweise StoppLoss-Verkäufe der Shorttrader heizen die Trendbewegung zusätzlich an.
5. Handelssignale
Der Ausbruch erfolgt nach oben hin mit dem Anstieg über ein klares Triggerniveau. Analog wird nach unten hin eine Triggermarke gebrochen. Diese können horizontale oder leicht fallende/steigende Flaggen-, Keil- oder Dreiecksoberkanten/-unterkanten bilden. Wird das Triggerniveau über- beziehungsweise unterschritten, wird das Signal aktiv. Dabei ist es umso aussagekräftiger, je öfter die Triggermarke von den Marktteilnehmern als Widerstand beziehungsweise Unterstützung bestätigt wurde. Im Idealfall geht ein solcher Ausbruch mit erhöhter Volatilität und erhöhten Umsätzen einher. Dies ist kein zwingendes Kriterium, erhöht aber die Wahrscheinlichkeiten für die erwartete Bewegung. Hohe Umsätze im Zuge des Ausbruchs zeigen das gesteigerte Bedürfnis der Marktteilnehmer an, sich neu- oder umzupositionieren. Mit erhöhter Wahrscheinlichkeit wird es danach dann zu Anschlusskäufen beziehungsweise -verkäufen kommen.
6. Einstiege finden
Nach der Definition des Ausbruchs werden nun zwei Handelsmöglichkeiten besprochen, mit denen man an einer Ausbruchsbewegung partizipieren kann. Beide Varianten haben dieselben Ziele, unterscheiden sich jedoch im Zeitpunkt des Einstiegs.
Variante 1: Der direkte Einstieg
Ein direkter Einstieg erfolgt im Aufwärtstrend mit dem Anstieg über die Triggermarke direkt oder nach einem Stunden- beziehungsweise Tagesschluss oberhalb des Triggers. Der Einstieg kann manuell oder per vordefinierter Stopp-Buy-Order vorgenommen werden.
Variante 2: Der Einstieg nach einem Rücksetzer
Bei dieser Variante wird nach einem Ausbruch der anschließende Rücksetzer (Pullback) abgewartet. Der Einstieg erfolgt also, nachdem die erste Ausbruchsbewegung bereits vollzogen wurde.
Beide Versionen haben Vor- und Nachteile. Steige ich direkt oder per StoppBuy-Order mit dem Ausbruch in eine Aufwärtsbewegung ein (Variante 1), bin ich auf jeden Fall dabei, unter Umständen aber mit etwas teureren Einstiegskursen oberhalb des Ausbruchslevels. Warte ich hingegen mit einem Kauflimit am Ausbruchslevel auf einen Rücksetzer (Variante 2), kann es sein, dass ich nicht in den Trade komme, sollte der Basiswert das Ausbruchslevel im Rücksetzer nicht erreichen. Rücksetzer verlaufen unregelmäßig, mal erreichen sie das Ausbruchslevel nicht, mal treffen sie es relativ genau, manchmal rutscht der Basiswert auch wieder leicht darunter zurück.
Wenn es erreicht oder sogar leicht unterschritten wird, habe ich einen günstigen Einstiegskurs am Ausbruchslevel. Dies verbessert das Chance-RisikoVerhältnis (CRV), da der Abstand zum Stopp-Loss dann näher ist. Oftmals ist ein Kompromiss aus beiden Varianten eine gute Lösung. Beschränkt man sich auf Variante 2, hat man zwar oft gute Einstiege, verpasst aber auch einige Chancen. Ein Beispiel hierzu ist nochmals die Boeing-Aktie, die nach ihrem Ausbruch Anfang März 2013 keinen Rücksetzer vollzog. Hier wäre man nur mit der Variante 1 in den Trade gekommen.
Als Beispiel für erfolgreiche Einstiege mit der Variante 2 kann der langfristige Fielmann-Chart herangezogen werden. Hier wurde im Januar 2010 die Triggermarke bei 53,63 Euro dynamisch nach oben hin gebrochen. In den beiden folgenden Januarwochen kam es dann zu ersten Rücksetzern in Richtung des Ausbruchslevels, wo erste Einstiege möglich waren. Im Mai kam es dann zu einem zweiten schwungvollen Rücksetzer, der das Ausbruchslevel bei 53,63 Euro auch leicht unterschritt. Dies war ein mittel- bis langfristiger Einstiegspunkt.
7. Absicherungen
Ein sinnvoller Stopp-Loss kann ein Stück weit unterhalb des Ausbruchslevels gesetzt werden, um nicht bei überschießenden Rückläufen ausgestoppt zu werden. Wenn es zu Rücksetzern nach dem Ausbruch kommt, können diese wie bereits beschrieben in drei Formen verlaufen: Sie erreichen das Ausbruchslevel nicht, sie erreichen das Ausbruchslevel, sie unterschreiten das Ausbruchslevel leicht. Wird das Ausbruchslevel leicht unterschritten, spricht man von einem überschießenden Rücksetzer. Solche überschießenden Rücksetzer sind zunächst nicht kritisch zu werten, können jedoch bei einem zu eng gesetzten Stopp-Loss zu vorzeitigem Verlust der Position führen. Eine Faustregel gibt es nicht, es macht Sinn, den Stopp-Loss an charttechnischen Marken auf untergeordneten Zeitebenen innerhalb der Konsolidierung festzumachen. Diese charttechnischen Marken können Trendlinien, Horizontalunterstützungen, gleitende Durchschnittslinien (z. B. EMA 50, EMA 200) oder am besten eine Kombination verschiedener Elemente (Kreuzunterstützung beziehungsweise Kreuzwiderstand) sein. In der Regel liegt der Stopp-Loss im Bereich von 30 bis 50 Prozent der Formationshöhe unterhalb des Ausbruchslevels.
Ein anschauliches Beispiel ist hier die Südzucker-Aktie im Jahr 2012. Ende Mai erfolgte ein Ausbruch über die Triggerlinie, anschließend kam es zu einem leicht überschießenden Rücksetzer. Der Stopp-Loss lag aber um einiges weiter unten. Bei 23,15 Euro bis 23,25 Euro hatte die Aktie ein markantes, horizontales Unterstützungsniveau. Knapp unterhalb davon hätte ein StoppLoss gesetzt werden können. Dies wäre ein Beispiel für einen weiter entfernten Stopp-Loss.
Warum Stopps Sinn machen – generell und im Speziellen auch im Ausbruchstrading –, kann am Beispiel der Aercap-Aktie aus dem Jahr 2011 betrachtet werden. Auch hier war ein sauberer Ausbruch nach oben hin zu sehen, anschließend mit idealtypischem Rücksetzer an das Ausbruchslevel. Dann jedoch versagten die Käufer. Mit dem Rückfall unter die letzten Zwischentiefs vor dem Ausbruch wurde der Stopp-Loss gerissen. Anschließend startete eine größere Abwärtskorrektur.
8. Gewinnmitnahmen
Wie bei den Einstiegen gibt es auch für die Ausstiege zwei verschiedene Ansätze. Der erste Ansatz ist auf kurzfristige Gewinne ausgelegt. Es wird versucht, nur den ersten Schwung, die erste Ausbruchsbewegung, zu handeln. Erste Gewinnmitnahmen können hierbei an Projektionszielen der zugrunde liegenden Formation erfolgen (maximale Höhe der Konsolidierungsformation oder 61,8 Prozent dieser Höhe). Anbei eine schematische Darstellung eines idealen (bullishen Ausbruchs) mit anschließender Absicherung und Gewinnmitnahmen:
Ein Beispiel aus der Praxis ist die Aktie von Procter & Gamble, welche am 2. April 2013 einen dynamischen Ausbruch aus einem Dreieck vollzog. Gewinnmitnahmen bei 61,8 Prozent oder 100 Prozent der Dreieckshöhe hätten Chance-Risiko-Verhältnisse von 2,5 beziehungsweise 4,5 ergeben.
Daneben ist der zweite Ansatz mittel- bis langfristig (in Bezug auf die gehandelte Zeitebene) ausgerichtet. Er funktioniert nach dem Prinzip: Gewinne laufen lassen, Stopps regelmäßig nach oben ziehen. Dabei werden die Gewinnziele an übergeordneten charttechnischen Marken festgemacht. Ein Beispiel für diesen Ansatz ist der erste Boeing-Wochenchart, wo die steile Rallye die Aktie direkt bis ans Allzeithoch bei 107,83 Dollar getragen hat.
Der Vorteil des ersten, kurzfristigen Ansatzes ist die hohe Eintrittswahrscheinlichkeit. Sofern es sich nicht um einen Fehlausbruch handelt, ist eine dynamische Ausbruchsbewegung recht wahrscheinlich. Was anschließend geschieht, ob daraus eine größere Rallye wird oder der Basiswert die Ausbruchsbewegung vorzeitig abbricht, ist relativ egal. Schließlich möchte man nur den ersten Schwung mitnehmen. Der Nachteil liegt auf der Hand: Durch schnelle Gewinnmitnahmen vergibt man die Chance auf deutlich größere Gewinne.
Genau dies ist der Vorteil der zweiten, mittel- bis langfristigen Variante: Man bewahrt die Möglichkeit auf exorbitante Gewinne, gerade in Bezug auf den relativ nahen Stopp-Loss. Damit erhält man Tradingchancen mit extrem hohen Chance-Risiko-Verhältnissen (Gewinnchance um ein Vielfaches höher als das Verlustrisiko). Der Nachteil dieser Variante: Die Eintrittswahrscheinlichkeit für mittel- bis langfristige Verlaufsszenarien ist deutlich geringer. Viele dieser Tradingideen werden nicht wie gewünscht aufgehen, die weit entfernten Ziele werden nicht erreicht.
9. Kompromisse
Entscheidungen zu treffen ist der Alltag im Börsengeschäft. Oftmals fallen Entscheidungen nicht ganz leicht, im Nachhinein hört man sich oft sagen: »Hätte ich doch nur …«. Eine gute Möglichkeit, einem solchen Dilemma zu entkommen, ist das Eingehen von Kompromissen. So bietet es sich auch im Ausbruchstrading an, Tradingpositionen von Anfang an auf Kompromisse auszurichten. Das gilt sowohl hinsichtlich der beiden Einstiegsvarianten als auch bezüglich der Gewinnmitnahmen. Positionen können dabei geteilt oder sogar gedrittelt werden, sowohl beim Einstieg als auch beim Ausstieg. Der Nachteil dabei sind lediglich erhöhte Ordergebühren, welche jedoch nicht merklich ins Gewicht fallen dürften, sofern man nicht mit Kleinstbeträgen handelt. Auch für die Einstiegsvariante 2 kann man Kompromisslösungen finden: Ein Kauflimit für einen Rücksetzer setzt man knapp über das Ausbruchslevel (für Rücksetzer, welche das Ausbruchslevel nicht erreichen), das zweite Kauflimit knapp unter das Ausbruchslevel (um überschießende Rücksetzer abzufischen). Hierbei kann man auch bei der Positionsgröße der beiden Positionen variieren.
Primär hängt es vom Tradingkonzept ab, ob man Kompromisse integrieren kann. Möchte man fixe Gewinnbeträge beim Erreichen erster Ziele mitnehmen, ist es ärgerlich, im Falle einer weitergelaufenen und letztlich ausgestoppten Position nur den halben Gewinn oder sogar noch weniger in der Tasche zu haben. Hier kann man gegenlenken: Der Stopp-Loss der zweiten, weiterlaufenden Positionshälfte könnte auf Einstiegskurs oder sogar ins Plus gezogen werden, nicht aus charttechnischen Gründen, sondern aus Sicht des Money-Managements.
10. Warum Ausbruchstrading?
Wendet man das Ausbruchstrading prozyklisch, also im Sinne des übergeordneten Trends an, bestehen immer leicht höhere Wahrscheinlichkeiten für die gewünschte Marschrichtung, als es bei antizyklischen Ansätzen der Fall ist. Oftmals sind Trends stärker und ausdauernder als von vielen Marktteilnehmern erwartet. Besonders wenn man die kurzfristige Variante wählt, um nur den ersten Ausbruchsschwung zu handeln, hat man hohe Wahrscheinlichkeitswerte für den Eintritt des Szenarios auf seiner Seite.
Das kompensiert meiner Meinung nach den augenscheinlichen Nachteil, man würde (im Falle des Aufwärtstrends) den Basiswert zu teuer kaufen, wenn er auf neue Hochs steigt. Es kostet tatsächlich etwas Überwindung, diesen Schritt zu gehen und eine Aktie mit einem Ausbruch auf oder nahe Höchstkursen zu kaufen, widerspricht es doch der bekannten Börsenweisheit »Aktien billig kaufen und teurer verkaufen«. Sofern kein Fehlsignal vorliegt, bestehen tatsächlich gute Chancen auf einen zumindest kurzen Rallyeschub.
Damit rückt auch schon der nächste Vorteil ins Licht, wenn man die kurzfristige Variante wählt: Das Kapital ist nur kurz gebunden. Je nachdem, auf welcher Zeitebene sich der Trader bewegt, im Stunden-, Tages- oder Wochenchart, erfolgt die erste Ausbruchsbewegung meist in wenigen Zeiteinheiten. Somit ist das Tradingkapital nicht lange in trendlosen Marktphasen gebunden und steht nach den kurzen Ausbruchstrades für andere Aktionen zur Verfügung. Und letztlich ist es immer von Vorteil, sein Kapital auf mehrere Tradingpositionen zu streuen, um das Risiko klein zu halten.