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Steve Nison – Technische Analyse mit Candlesticks
In seinem Buch zum Thema Technische Analyse mit Candlesticks macht Steve Nison die Candlestick-Chartanalyse sehr verständlich. Er stellt Schlüsselkonzepte vor, die in Theorie und Praxis relevant sind. Wir haben die Sondergenehmigung erhalten, einen umfangreichen Auszug aus diesem Buch zu veröffentlichen. Wir tauchen sofort in das erste Kapitel dieses sehr interessanten Buches über technische Analyse mit Candlesticks ein.
Der Herausgeber des Buches schreibt: Wer hatte vor dem Erscheinungsjahr der Erstausgabe 1991 schon je von Kerzencharts gehört? Und wer hat es mittlerweile nicht? Online-Trader, Daytrader, professionelle Vermögensverwalter und Market-maker sind nur einige der Gruppen, die ihren Enthusiasmus für die Kerzencharts entdeckt haben. Viele Websites, Echtzeit-Tradersysteme und Softwarepakete für die Technische Analyse bieten Candlestick-Charts an. Das beweist die Popularität der Kerzen und die universelle Anziehungskraft, die sie in den volatilen Märkten von heute auf Trader aller Couleur ausüben. Die Kerzen brennen heißer denn je zuvor.
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Starten wir nun mit dem Einstiegskapitel des Buches Technische Analyse mit Candlesticks.
1. Kapitel Einleitung
Der Anfang ist am wichtigsten.
Die japanische Candlestick-Chartanalyse – so genannt, weil die verwendeten Linien wie Kerzen mit Dochten aussehen – ist im Fernen Osten über Generationen hinweg empirisch verfeinert worden. Vor Erscheinen meines Buches Japanese Candle Charting Techniques waren die „Klauen“ der japanischen Chartanalyse – also die Kerzencharts – der westlichen Welt über hundert Jahre lang verborgen geblieben. In dem erwähnten Buch wurden diese „Geheimnisse des Orients“ zum ersten Mal detailliert der westlichen Hemisphäre vorgestellt.
Da der Begriff „Candlestick“ oft auf „Kerzen“ abgekürzt wird, werde ich in diesem Buch beide Begriffe bedeutungsgleich benutzen.
Es schmeichelt mir ungemein, dass meine Arbeit für eine Revolution in der technischen Analyse verantwortlich gemacht wird und dass alle nachfolgenden Bücher, Artikel usw. anderer Autoren die Erstausgabe dieses Buches zur Basis nehmen. Das hatte ich gehofft. Mit seinem Erscheinen sollte tatsächlich das Fundament für zukünftige Materialien über die Kerzencharts gelegt werden. Und so ist es sehr befriedigend, wenn es häufig „die Bibel der Kerzencharts“ genannt wird.
Wer hatte vor dem Erscheinungsjahr der Erstausgabe 1991 schon je von Kerzencharts gehört? Und wer hat es mittlerweile nicht? Online-Trader, Daytrader, professionelle Vermögensverwalter und Market-maker sind nur einige der Gruppen, die ihren Enthusiasmus für die Kerzencharts entdeckt haben. Viele Websites, Echtzeit-Tradersysteme und Softwarepakete für die Technische Analyse bieten Candlestick-Charts an. Das beweist die Popularität der Kerzen und die universelle Anziehungskraft, die sie in den volatilen Märkten von heute auf Trader aller Couleur ausüben. Die Kerzen brennen heißer denn je zuvor.
Mein elfjähriger Sohn Evan (den ich kurz nach seiner Geburt fast auf den Namen „Candlesticks Nison“ getauft hätte) stieß neulich im Internet auf einen Chartservice mit Kerzendiagrammen und fragte: „Also wenn du nicht gewesen wärst, Daddy, dann gäbe es keine Kerzencharts im Internet oder sonst irgendwo in Amerika? Stimmt das?“ Ich bejahte. Er zögerte kurz und sagte dann: „Cool, dann will ich mehr Taschengeld.“
Was ist neu an diesem Buch?
Während das Format und die grundlegenden Konzepte der Erstausgabe dieselben geblieben sind (da sie ja anscheinend gut funktioniert haben), hat sich die Marktumgebung seit dem Erscheinungsjahr genauso verändert wie die Marktteilnehmer. Neben den brandneuen Charts verfügt diese Ausgabe darum auch über:
• mehr Intraday-Märkte;
• mehr aktive Strategien für Swing-, Online- und Daytrader;
• neue Taktiken zur optimalen Nutzung von Intraday-Charts;
• neue westliche Techniken, die mit Kerzencharts kombiniert werden können;
• einen größeren Schwerpunkt auf der Vermögenswahrung.
Warum hat die Kerzenchartmethode unter Tradern und Anlegern weltweit solches Aufsehen erregt?
Jahr für Jahr lodern die Flammen des Interesses an diesen Chartinstrumenten höher. Denn Kerzencharts …
… sind leicht verständlich: Jeder kann die Macht der Kerzencharts nutzen, vom Anfänger bis zum versierten Berufsanleger. Sie sollten sich aber nicht von dieser Einfachheit täuschen lassen, denn keine andere Chartmethode kann es mit den Kerzen aufnehmen, wenn es um die Gesundheitsdiagnose im Markt geht.
… deuten früher auf eine Marktumkehr hin: Kerzencharts geben Ihnen häufig schon früh ein Umkehrsignal, lange vor den Signalen der traditionellen Indikatoren in Balkendiagrammen oder Point-and-FigureCharts. Diese Frühwarnung führt zu optimiertem Timing beim Einund Ausstieg.
… bieten eine einzigartige Perspektive der Märkte: Kerzencharts zeigen nicht nur die Bewegungstendenz an, was ein Barchart auch könnte, sondern enthüllen auch die dieser Bewegung zugrunde liegenden Kräfte.
… sind unterhaltsam zu lernen: Die bildhaften Begriffe wie Dark-Cloud Cover, Hammer oder Window geben den Kerzencharts einen spielerischen Touch. Man sollte sich von den „malerischen“ Bezeichnungen jedoch nicht täuschen lassen. Bei Ihrer Schlacht mit den Märkten werden die hinter diesen Namen verborgenen Methoden zu schlagkräftigen Waffen.
… bereichern die westliche Chartanalyse: Kerzencharts sind so vielseitig, dass sie mit allen westlichen Methoden der Chartanalyse kombiniert werden können. Für unsere Klienten verschmelzen wir die Einsichten, die wir aus den Kerzencharts gewinnen, mit den wirksamsten Instrumenten der westlichen Chartanalyse. Wenn Sie sich für die Technische Analyse begeistern können, werden Sie entdecken, wie aus dem Zusammenspiel der japanischen Kerzen mit den westlichen Methoden Ihrer Wahl ein vitaler, synergetischer Effekt hervorgeht. Diese Verschmelzung von westlichen und östlichen analytischen Methoden wird Ihnen vor Anlegern, die sich ausschließlich auf die westliche Chartanalyse verlassen, einen wichtigen Vorsprung verschaffen.
… optimieren die Effektivität Ihrer analytischen Verfahren: Da die visuelle Information der Kerzencharts auf einen Blick aufzunehmen ist, wird Ihre Marktanalyse schneller und effizienter.
Ein orientalisches Sprichwort sagt: „Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.“ Dieses Kapitel ist dieser erste Schritt auf dem Weg zur Kerzenchartanalyse und daher äußerst wichtig. Doch schon nach der Lektüre dieses einleitenden Kapitels werden Sie merken, wie Ihnen die Kerzen dabei helfen, Ihre Marktanalyse effektiver zu gestalten, Ihr Timing beim Einund Ausstieg zu verbessern und neue, fruchtbare und einzigartige Gebiete der Technischen Analyse zu erschließen.
In der Erstausgabe dieses Buches habe ich mich weit aus dem Fenster gelehnt. Ich hatte gesagt: „In naher Zukunft werden die Kerzencharts vielleicht genauso gebräuchlich werden wie Balkendiagramme. Sobald die Analysten sich mit der Benutzung der Kerzendiagramme vertraut gemacht haben, werden sie die Barcharts beiseite legen.“ Diese Vorhersage scheint sich im Moment zu erfüllen.
Am Ende meiner öffentlichen und privaten Seminare stelle ich meinem Publikum oft folgende Frage: „Wer unter Ihnen wird von jetzt an noch Barcharts benutzen?“ Von den tausenden von Tradern, die an meinen Lehrgängen teilgenommen haben, hat nie auch nur ein einziger seine Hand erhoben. Wenn Ihnen die Kerzendiagramme neu sind, werden Sie den Grund für dieses Phänomen spätestens am Ende dieses Buches verstehen – oder vielleicht schon nach den ersten Kapiteln.
Es kann eigentlich nur Vorteile bringen, Balkendiagramme durch Kerzencharts zu ersetzen. Wie wir im Kapitel über die Anfertigung der Kerzendiagramme sehen werden, gehen beide Formen der grafischen Darstellung von denselben Daten aus (Eröffnungs- und Schlussnotierung, Tageshoch und Tagestief ). Diesen Sachverhalt sollte man nicht unterschätzen. Denn er bedeutet, dass alle Methoden der Technischen Analyse, die an Barcharts vorgenommen werden können (wie zum Beispiel gleitende Durchschnitte, Trendlinien, Korrekturebenen etc.), auch auf Kerzendiagramme angewendet werden können. Aber die Kerzencharts, und das ist der springende Punkt, können Signale liefern, die ein Balkendiagramm einfach nicht hergeben kann. Diese Eigenschaft der Kerzen wird Ihnen vor allen Tradern, die sich ausschließlich auf die westlichen Methoden der Technischen Analyse stützen, einen Vorsprung verschaffen. Wenn Sie Kerzencharts anstelle der Barcharts verwenden, können Sie also genau wie vorher auf alle Chartinstrumente zurückgreifen, die Sie auch mit Barcharts anwenden. Aber die Kerzendiagramme werden Ihnen einen Einblick in den Zustand der Märkte eröffnen, den Sie so tief mit keiner anderen Methode nehmen können.
Wer sollte dieses Buch lesen?
Dieses Buch ist genau richtig für Sie, wenn:
• Ihr Chartservice Kerzencharts anbietet und Sie deren volles Potenzial kennenlernen wollen.
• Sie einen Vorsprung vor der Konkurrenz haben möchten.
• Sie Ihr Timing beim Ein- und Ausstieg verbessern wollen.
• Sie nach Techniken suchen, Ihre derzeitigen Anlagemethoden aufzuwerten.
• Sie Spaß beim Lernen haben möchten.
• Sie gerade erst anfangen, sich mit Kerzencharts zu beschäftigen.
• Sie bereits ein alter Hase sind.
Einige Hintergrundinformationen
Ich habe mir schon oft die Frage gestellt, warum ein System, das schon so lange existiert, im Westen so gut wie unbekannt bleiben konnte? Haben die Japaner vielleicht versucht, ein Geheimnis daraus zu machen? Ich weiß auch keine Antwort auf diese Fragen, aber es hat mich jahrelange Nachforschungen gekostet, alle Teile dieses Puzzles zusammenzufügen. Dabei habe ich in vieler Hinsicht noch Glück gehabt. Vielleicht war diese Kombination aus Beharrlichkeit und glücklichen Zufällen genau die Eigenschaft, die allen anderen Menschen fehlte.
Im Jahre 1987 machte ich die Bekanntschaft einer japanischen Dame, die sich als Brokerin betätigte. Als wir eines Tages zusammen in ihrem Büro waren, betrachtete sie gerade ein japanisches Buch mit Aktiennotierungen (in Japan sind alle derartigen Bücher in Kerzenform). Plötzlich rief sie: „Ach, da ist ja ein Fenster!“ Ich fragte sie, was sie damit meine. Sie erklärte mir, dass das Wort „Fenster“ der Kurslücke in der westlichen Analyse entspricht. Dann erklärte sie mir, dass die Japaner vom „Schließen des Fensters“ sprechen, wenn westliche Börsenexperten vom „Füllen einer Lücke“ reden. Dann benutzte sie andere Ausdrücke wie „Doji“ oder „Dark-Cloud Cover“. Ich war sofort fasziniert und verbrachte einen großen Teil der nächsten drei Jahre damit, alle verfügbaren Informationen über Kerzencharts ausfindig zu machen, zu erforschen und analysieren.
Das war gar nicht so einfach. Erste Schritte konnte ich mit Hilfe eines japanischen Börsenmaklers machen und indem ich meine eigenen Kerzencharts zeichnete und analysierte. Dann fand ich in der Bibliothek der Market Technicians Association (MTA)1 in New York ein Buch mit dem Titel Analysis of Stock Price in Japan, das von der Nippon Technical Analysts Association herausgegeben worden war. Es handelte sich um die englische Übersetzung dieses ursprünglich auf Japanisch erschienenen Buches. Leider enthielt es insgesamt nur zehn Seiten, die sich mit der Interpretation von Kerzendiagrammen befassten. Trotzdem hatte ich endlich Material über die Kerzencharts in englischer Sprache gefunden.
Einige Monate später bekam ich wieder Gelegenheit, ein Buch über die Grundlagen der Kerzencharts und ihrer Analyse auszuleihen. Und wieder hatte ich es in der Bibliothek der MTA gefunden. Der Büroleiter von MTA, Shelley Lebeck, hatte dieses Buch mit dem Titel The Japanese Chart of Charts von Seiki Shimizu in der englischen Übersetzung von Greg Nicholson aus Japan mitgebracht (Herausgeber ist die Tokyo Futures Trading Publishing Company). Das war ein wichtiger Fund, denn in diesem Buch fand ich ungefähr siebzig Seiten, die sich mit den Kerzendiagrammen befassten, und das in Englisch.
Während sich dieses Füllhorn von Informationen ausschüttete, musste ich entdecken, dass es wohl einiger Zeit und Anstrengung bedurfte, sich mit den Konzepten der Kerzencharts wirklich vertraut zu machen. Alles war so neu und anders. Außerdem musste ich mich an die japanische Terminologie gewöhnen. Der Sprachstil war manchmal unklar, was an Übersetzungsschwierigkeiten gelegen haben mag. Ursprünglich war dieses Buch nämlich schon vor 25 Jahren für ein japanisches Publikum geschrieben worden. Und wie ich bei der Übersetzung meiner eigenen Materialien erfahren musste, ist es extrem schwierig, diese Art von Fachtext vom Japanischen ins Englische zu übertragen.
Aber trotz aller Schwierigkeiten hatte ich wenigstens endlich eine schriftliche Informationsquelle gefunden. Ich schleppte das Buch monatelang mit mir herum, las es gleich mehrmals durch und machte mir Unmengen von Notizen, wobei ich die analytischen Methoden der Kerzendiagramme auf hunderte eigenhändig gezeichnete Kerzencharts anwendete (da es keine Software für Kerzencharts gab, mussten meine Charts allesamt von Hand gezeichnet werden). Ich beschäftigte mich unablässig mit der neuen Terminologie und den noch ungewohnten Ideen. Dabei hatte ich das Glück, bei der Beantwortung meiner Fragen auf die Hilfestellung des Autors, Seiki Shimizu, zählen zu können. Da Herr Shimizu kein Englisch spricht, erklärte sich der Übersetzer des Buches, Greg Nicholson, freundlicherweise bereit, unsere Diskussionen per Fax zu dolmetschen. Herr Shimizus Buch The Japanese Chart of Charts bildet die Grundlage all meiner späteren Nachforschungen zum Thema Kerzencharts.
Um meine neu gewonnenen Fähigkeiten im breiten Feld der Kerzenchartanalyse weiter auszubauen, habe ich dann versucht, japanische Kerzenexperten ausfindig zu machen, die bereit waren und die Zeit aufbringen konnten, sich mit mir über dieses Thema auszutauschen. So machte ich die Bekanntschaft eines japanischen Börsentraders, Morihiko Goto, der selbst Kerzendiagramme benutzte und sich bereit erklärte, seine wertvolle Zeit und seine Einsichten mit mir zu teilen. Das wäre schon an sich äußerst spannend gewesen! Doch dann eröffnete er mir, dass seine Familie schon über Generationen hinweg Kerzendiagramme benutzt hatte! Wir verbrachten unzählige Stunden mit Diskussionen über Geschichte und Anwendung der Kerzencharts. Herr Goto erwies sich dabei als schier unerschöpfliche Quelle wertvollen Wissens.
Aber die wahre Schatzkiste für Informationen war die japanische Literatur zum Thema Kerzendiagramme, die ich langsam übersetzen ließ. Dabei hatte ich das große Glück, einen hervorragenden Übersetzer zu finden, Herrn Richard Solberg. Seine Fähigkeiten beim Aufstöbern japanischer Bücher über Kerzencharts (meines Wissens besitze ich die größte Sammlung dieser Bücher außerhalb Japans) und sein übersetzerisches Können waren von unschätzbarem Wert.
Im Dezember 1989 verfasste ich einen ersten, zweiseitigen Artikel über Kerzencharts. Dieser Artikel enthielt die allerersten Informationen zu diesem Thema, die jemals außerhalb Japans veröffentlicht wurden. Anfang 1990 schrieb ich dann einen ausführlicheren Beitrag über Kerzencharts als Diplomarbeit bei der MTA. Dies war der erste detaillierte Artikel, der je von einer Person aus dem Westen über japanische Kerzencharts verfasst wurde. Schon bald folgte dieser Arbeit eine Broschüre für Merrill Lynch (die über 10.000 Leser fand).
Japanese Candlestick Charting Techniques wurde 1991 veröffentlicht; kurz darauf folgte das Buch Beyond Candlesticks. Im Moment der Niederschrift dieser Einleitung sind diese Bücher in acht Sprachen übersetzt und mehrfach neu aufgelegt worden.
Meine Arbeit wurde in den Finanzmedien weltweit besprochen, unter anderem im Wall Street Journal, dem Japanese Economic Journal, in Barron’s, Worth Magazine, Institutional Investor und in zahlreichen anderen Zeitschriften.
Mein Auftritt bei FNN (dem Vorgänger von CNBC) brachte dem Sender die höchsten Zuschauerzahlen, die er bis dahin verzeichnen konnte.
Ich hatte seither das Privileg, meine Börsenstrategien tausenden von Tradern und Analysten in über 17 Ländern erklären zu dürfen, darunter ironischerweise auch in Hanoi, Vietnam. Außerdem hatte ich die Ehre, vor der World Bank und der Federal Reserve zu sprechen.
Im Jahr 1997 gründete ich Nison Research International, um professionell analytische Dienstleistungen und ortsspezifische, auf den jeweiligen Bedarf zugeschnittene Seminare durchführen zu können.
Im Jahr 2000 folgte die Gründung von Candlecharts.com mit einem Angebot von Seminaren, Videos und anderen Dienstleistungen im Internet. Natürlich sind auch Sie herzlich eingeladen, unsere Webseite unter www.candlecharts.com zu besuchen.
Was bietet mir dieses Buch?
Im ersten Teil können Sie herausfinden, wie man Candlestick-Charts zeichnet und wie man dutzende von Kerzendiagrammen mitsamt ihren Formationen interpretiert. So wird langsam, aber sicher eine solide Grundlage für den zweiten Teil gelegt, in dem Sie sich über die Vorteile informieren können, die durch eine Kombination von Kerzencharts und westlichen Analysemethoden entstehen. Ich beabsichtige dabei allerdings nicht, Sie zum allwissenden Anleger zu machen. Vielmehr hoffe ich durch die in diesem Buch enthaltenen Ideen zu zeigen, wie japanische Kerzendiagramme den Trader und Anleger „erleuchten“ können. Die Funktionsweise eines Indikators ist am besten anhand von Börsenbeispielen zu erklären. Die Japaner sagen: „Einmal sehen ist besser als hundertmal hören.“ Aus diesem Grunde habe ich allen angeführten Techniken mehrere Beispiele aus dem wirklichen Börsengeschehen beigefügt.
Dabei habe ich einen Schwerpunkt auf die US-Märkte gelegt, obwohl die beschriebenen Instrumente und Techniken auf jeden beliebigen Markt innerhalb eines jeden beliebigen Zeitraums angewendet werden können. Tatsächlich werden Kerzencharts auf Wochen- (von Hedgern) und Tagesbasis (von Swing- und mittelfristigen Tradern) sowie intraday benutzt (von Swing- und Daytradern). Die Taktiken, die ich in diesem Buch beschreibe, können sowohl für Aktiendepots als auch den Termin-, Options- und Devisenhandel benutzt werden – in aller Welt und innerhalb aller Zeitrahmen, auf die sie angewendet werden sollen.
Zur Unterstützung des Lernprozesses habe ich unzählige Illustrationen zur Demonstration der Kerzenformationen und -muster gezeichnet. Diese Illustrationen sind nur aus diesem einen Grund entstanden und sollten nur innerhalb ihres eigenen Kontextes zur Erläuterung gewisser Prinzipien und Richtlinien betrachtet werden. Die Muster, die in der wirklichen Welt auftreten, müssen nicht in allen Einzelheiten genauso aussehen wie in den Abbildungen, um Ihnen ein glaubwürdiges Signal zu geben. Dieser Merksatz wird Ihnen bei der Lektüre dieses Buches noch öfter begegnen, während Sie sich mit den vielen Chartbeispielen beschäftigen. Sie werden sehen, dass auch die verschiedenen Variationen der Originalmuster wichtige Auskünfte über den Gesamtzustand des jeweiligen Markts erteilen können.
Bei der Entscheidung, ob ein bestimmtes Kerzenmuster noch mit den Richtlinien für die betreffende Formation übereinstimmt oder nicht, kommt also eine gewisse Subjektivität ins Spiel, die allerdings bei anderen Chartmethoden gleichermaßen besteht. Wenn die Unterstützung einer Aktie zum Beispiel bei 100 US-Dollar liegt, ist diese Unterstützung dann schon wertlos geworden, sobald die Notierungen im Tagesgeschäft kurzfristig unter die 100-USDollar-Marke sinken, oder ist sie erst dann durchbrochen worden, wenn sie auch unter dieser Marke schließen? Ist ein 50%-iger Ausbruch durch diese 100-US-Dollar-Marke als endgültiges Ende der Unterstützung zu betrachten oder wäre dazu ein größerer Ausbruch nötig? Diese Fragen werden Sie selbst entscheiden müssen, wobei Sie sich dabei von Ihrem persönlichen Temperament, Ihrem Risikoverhalten und Ihrer Börsenphilosophie leiten lassen sollten. So werde ich Ihnen mit Texten, Illustrationen und Kursbeispielen aus dem wirklichen Marktgeschehen nur die grundlegenden Prinzipien und Richtlinien erläutern können. Auf keinen Fall sollten Sie jedoch erwarten, dass die Muster aus der wirklichen Welt immer genau diesem Idealbild entsprechen.
Am Ende dieses Buches finden Sie zwei Glossare. Im ersten befinden sich Erläuterungen der Kerzenbegriffe und im zweiten Erklärungen der in diesem Buch verwendeten, westlichen Fachbegriffe. Dem Kerzenglossar ist ein visuelles Glossar aller Kerzenmuster beigefügt.
Ein Wort der Warnung
Wie bei jeder subjektiven Form der Technischen Analyse treten manchmal variable Definitionen auf, deren Bedeutung sich der Erfahrung und Neigung des Anwenders entsprechend wandeln kann. Das gilt für die einen Kerzenmuster mehr als für die anderen. Je nachdem, welche Quelle ich benutzt habe, konnte ich manchmal verschiedene Definitionskriterien für das eine oder andere Muster finden. Diese Unterschiede waren glücklicherweise immer sehr geringfügig. Ein japanischer Autor schreibt zum Beispiel: Der Eröffnungskurs müsse sich unbedingt oberhalb der Schlussnotierung des Vortages befinden, um wirklich als Muster der „Dark-Cloud Cover“ zu gelten. Andere schriftliche und mündliche Aussagen neigen hingegen eher zu der Auffassung, der Eröffnungskurs solle sich bei diesem Muster oberhalb des Tageshochs vom Vortag befinden.
In solchen Fällen einander widersprechender Definitionen habe ich diejenigen Regeln gewählt, die die Trefferquote des Musters erhöhen. Zum Beispiel ist das im vorigen Absatz erwähnte Muster ein Umkehrsignal, das bei Höchstkursen erscheint. Darum habe ich mich für die Definition entschieden, der zufolge die Eröffnungsnotierung oberhalb des vorherigen Tageshochs liegen sollte. Denn der Markt verfügt über ein größeres Bärenpotenzial, wenn er über dem vorherigen Tageshoch eröffnet und dann wieder abflaut, als wenn er oberhalb der vorhergehenden Schlussnotierung eröffnet und dann einbricht.
Ein Großteil der Materialien, die ich aus dem Japanischen ins Amerikanische übertragen ließ, war nicht besonders spezifisch. Vielleicht hat das etwas mit der japanischen Vorliebe für das Vage, Ungefähre zu tun. Diese Vorliebe entstammt vielleicht noch den Zeiten der Feudalherrschaft, in denen es einem Samurai erlaubt war, jeden Normalbürger zu köpfen, der sich ihm gegenüber nicht erwartungsgemäß verhielt. Der einfache Mann von der Straße wusste aber nicht immer, welche Taten, Antworten oder Verhaltensweisen der Samurai erwartete. So hat die vage Ausdrucksweise viele Köpfe gerettet. Aber der eigentliche und vielleicht wichtigere Grund für die stellenweise etwas undeutlichen Erklärungen hat wahrscheinlich eher mit der Tatsache zu tun, dass die Technische Analyse nicht als Wissenschaft aufgefasst wird, sondern als eine Kunst.
Man sollte also keine starren Regeln erwarten. Die meisten Formen der Technischen Analyse können nützliche Richtlinien bieten, nicht mehr und nicht weniger. Wenn ein japanischer Text also sagt, eine Kerzenlinie müsse überschritten werden, um die nächste Bullenbewegung anzuzeigen, habe ich „überschritten“ mit „höherem Schlusskurs“ übersetzt. Denn eine Schlussnotierung erscheint mir persönlich bedeutender als eine Intraday-Bewegung, die über oder unter ein gewisses Unterstützungs- oder Widerstandsniveau führt. Und noch ein Beispiel für meine eigene Subjektivität: In der japanischen Fachliteratur werden viele Kerzenmuster als bedeutend beschrieben, sobald sie um die Höchst- oder Tiefstände auftreten. Aber was genau diese Höchst- oder Niedrigstkurse definiert, hängt offensichtlich von der jeweiligen Interpretationsweise ab. Eine der von mir empfohlenen Methoden, die „Höhe“ oder „Tiefe“ einer Notierung zu bewerten, ist ein Oszillator, der anzeigt, ob ein Markt von Käufen oder Verkäufen überlastet ist. Das ist übrigens ein gutes Beispiel für diejenigen Fälle, in denen es nützlich sein kann, klassische Instrumente der westlichen Analyse (wie Oszillatoren) mit den Kerzencharts zu kombinieren.
Die Kerzencharts sind dem persönlichen Interpretationswillen des Anwenders unterworfen wie alle anderen Chartmethoden auch. Nur eine langjährige Erfahrung in der Anwendung der Kerzencharts wird Ihnen zeigen, welches Muster oder welche Variation eines Musters Ihnen an der Börse die besten Resultate bringt. Deshalb ist die Subjektivität der Interpretation auch nicht unbedingt nur ein Nachteil. Ganz im Gegenteil: Sie könnte Ihnen vor anderen Tradern, die weniger Zeit und Energie in die praktische Anwendung der Kerzenmuster gesteckt haben als Sie, einen Vorteil verschaffen.
Wie wir im Kapitel 3 sehen werden, muss man immer eine Schlussnotierung abwarten, bis man die einzelnen Kerzen zeichnen kann. Aus diesem Grund müssen Sie oft bis Marktschluss warten, damit Sie ein glaubwürdiges Börsensignal erhalten. Das könnte jedoch bedeuten, dass Sie einen Markt brauchen, in dem Sie nach dem Schlusskurs noch Aufträge erteilen können, oder Sie müssen den Schlusskurs vorherzusagen versuchen und dann ein paar Minuten vor dem tatsächlichen Börsenschluss Ihre Aufträge erteilen. Natürlich können Sie immer noch auf den Eröffnungskurs des nächsten Tages warten und dann Ihre Order platzieren.
Dieses Warten auf den Schlusskurs ist nicht nur bei den Kerzencharts zu finden. Es gibt viele technische Systeme (insbesondere solche, die auf dem gleitenden Durchschnitt der Schlussnotierungen basieren), die erst ein Signal bilden können, wenn der Schlusskurs einbezogen wird. Darum kommt es auch oft in den letzten Minuten vor Marktschluss zu einem starken Andrang, weil die computergesteuerten Börsensignale, die von den Schlusskursen abhängen, plötzlich ins Spiel gebracht werden. Manche Analysten betrachten ein Kaufsignal nur dann als wirklich gültig, wenn der Schlusskurs oberhalb des Widerstands liegt, und warten deshalb bis Marktschluss, um ihre Theorie zu bestätigen.
Die Kerzendiagramme können viele nützliche Börsensignale liefern. Eines können sie allerdings nicht tun. Sie geben uns keinerlei Kursvorgaben. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, sie mit den westlichen Methoden der Technischen Analyse zu kombinieren. Im zweiten Teil werden wir uns auf diese Kombinationsmöglichkeiten konzentrieren.
Sie sollten sich nicht wundern, wenn Sie in den Charts in diesem Buch manchmal Muster erkennen können, die ich verpasst habe, denn es sind buchstäblich hunderte von Diagrammen. Außerdem werden Sie Beispiele für Muster finden, die manchmal nicht funktioniert haben. Kein technisches Werkzeug ist vollkommen, und die Kerzencharts sind da keine Ausnahme.
Die Kerzendiagramme sind nie als komplettes und umfassendes System angelegt worden, sondern nur als einzelne Waffe, die Sie in Ihren Scharmützeln mit den Märkten einsetzen können. Als solche ist ihre Wirkungskraft jedoch nicht zu unterschätzen.
Bevor ich nun aber endlich damit anfange, mich dem eigentlichen Thema dieses Buches – den Kerzencharts – zu widmen, möchte ich noch kurz den Stellenwert der Technischen Analyse als separate Disziplin diskutieren. Der folgende Abschnitt soll allen Lesern, denen dieser Themenbereich noch neu ist, erklären, warum die Technische Analyse so überaus wichtig ist. Natürlich kann ich dieses umfangreiche Thema hier nicht erschöpfend darstellen. Wenn Sie bereits Gelegenheit hatten, sich mit den Vorteilen der Technischen Analyse vertraut zu machen, können Sie diesen Abschnitt getrost überspringen. Auch sollten Sie sich keine Sorgen machen, wenn Sie ihn nicht gelesen haben, denn diese Unterlassung wird den nachfolgenden Informationen über die Kerzenanalyse in keiner Weise abträglich sein.
Die Bedeutung der Technischen Analyse
Viele verschiedene Aspekte wirken auf den Stellenwert der Technischen Analyse ein. Obwohl die Analyse der Fundamentaldaten uns dabei helfen kann, das Verhältnis von Angebot zu Nachfrage (also das Kurs/Gewinn-Verhältnis, statistische Wirtschaftsdaten etc.) und andere Markteigenschaften zu beurteilen, beinhaltet sie keinerlei psychologische Komponente.
Trotzdem werden die Märkte manchmal in großem Ausmaß von emotionalen Zuständen beeinflusst. Schon John Maynard Keynes hat gesagt: „Es gibt nichts Schlimmeres als eine rationale Investitionsstrategie in einer irrationalen Welt.“ Die Technische Analyse ist der einzige mir bekannte Mechanismus, mit dem man die „irrationalen“ (emotionalen) Einflüsse messen kann, die in allen Märkten gegenwärtig sind.
Zu diesem Thema – wie sehr die Psychologie auf die Märkte einwirkt – kann ich eine amüsante Anekdote erzählen. Sie entstammt dem Buch The New Gatsbys2 und hat sich an der Chicagoer Börse ereignet.
Sojabohnen waren deutlich gestiegen. Im Soja-Gürtel um Illinois hatte es eine Dürre gegeben. Und wenn diese nicht bald zu Ende ginge, würden die Sojabohnen verknappen ... Plötzlich liefen ein paar Tropfen Wasser am Fenster herunter. „Seht mal“, rief irgendeine Stimme, „es regnet!“ Über 500 Augenpaare (der Trader – Anmerkung des Herausgebers) richteten sich gespannt auf die großen Fenster. ... Die Tropfen wurden zu einem stetigen Nieselregen, der sich in einen Wolkenbruch verwandelte. Es regnete in der Innenstadt von Chicago.
Verkaufen. Kaufen. Kaufen. Verkaufen. Die Rufe der Trader erschollen mit einem Donner, der es mit dem da draußen durchaus aufnehmen konnte. Und die Soja-Kurse fielen langsam, aber sicher. Dann brachen sie aus wie ein tropisches Fieber.
Es regnete zwar tatsächlich in Chicago, aber kein Mensch baut in Chicago Sojabohnen an. Im Herzen des Anbaugebiets, etwa 300 Meilen südlich von Chicago, war der Himmel immer noch blau, sonnig und außerordentlich trocken. Aber obwohl es in den Sojafeldern keine Niederschläge gab, regnete es doch in den Köpfen der Trader, und das ist alles, was zählte. Denn in den Märkten haben nur diejenigen Dinge eine Bedeutung, auf die die Märkte reagieren. Das Spiel wird mit den Gedanken und Emotionen gespielt.
Um meine Aussage über den Stellenwert der Massenpsychologie zu erhärten, sollten Sie selbst darüber nachdenken, was passiert, wenn ein Stück Papier namens „Geld“ gegen irgendein Objekt, sei es Kleidung oder Nahrung, eingetauscht wird. Wie kann es sein, dass Papier, selbst eigentlich nur von sehr geringem Eigenwert, gegen Dinge mit bedeutend höherem Eigenwert eingetauscht werden kann? Der Grund ist in der Psychologie zu suchen, die allen Menschen gemein ist. Alle Menschen glauben nämlich, der Papierfetzen werde als Geld akzeptiert, und deshalb ist es auch so. Sobald diese weit verbreitete, psychologische Grundhaltung nicht mehr bestünde, sobald die Menschen also ihren Glauben an das Geld verlören, wäre es jedoch wertlos.
Die Technische Analyse ist zweitens einer der wichtigsten Bestandteile der disziplinierten Vermögensanlage. Denn nur die Disziplin kann den größten Feind aller Trader, die Emotionen, im Zaume halten. Sobald das Geld in den Märkten angelegt ist, sitzen diese Emotionen am Steuer. Objektivität und Rationalität müssen sich mit dem Beifahrersitz begnügen. Wenn Sie es schwer finden, mir das zu glauben, sollten Sie eine Zeit lang nur Papier traden und dann erst mit Ihrem eigenen Geld. Sie werden schon bald herausfinden, wie tief greifend und kontraproduktiv sich die damit verbundene Anspannung, Furcht und Nervosität auf Ihre Methoden auswirken und Ihre Sichtweise der Marktsituation verändern können – normalerweise direkt proportional zur Höhe der investierten Summe. Die Technische Analyse kann der rationalen Vernunft dazu verhelfen, wieder ihren Platz am Steuer einzunehmen. Sie liefert uns Mechanismen zur Festsetzung von Ein- und Ausstiegspunkten, zur Bemessung des Verhältnisses von Risiko zu Gewinnmöglichkeiten oder auch nur für die optimale Platzierung unserer Stopps. Durch die Technische Analyse können Sie so eine vernünftige Vorgehensweise hinsichtlich Ihres Risikoniveaus und Ihrer Geldverwaltung kultivieren.
Wie ich eben schon kurz erwähnt habe, fördern die technischen Instrumente eine objektive Sichtweise der Märkte. Denn es entspricht der menschlichen Natur, die Märkte so zu sehen, wie man sie sehen will und nicht wie sie wirklich sind. Wie oft passiert zum Beispiel Folgendes? Ein Trader kauft. Der Markt fällt sofort nach diesem Einstieg. Nimmt der Trader seinen Verlust hin? Normalerweise nicht.
Obwohl die Hoffnung im Markt keinen Raum findet, wird er sich auf alle verfügbaren, grundsätzlich bullishen Daten
stürzen, nur um seiner Hoffnung, der Markt werde wieder steigen, Nahrung zu geben. (Oder wie es einer unserer Klienten ausgedrückt hat: Man sucht nach Gründen für die eigene Position.) Währenddessen setzt sich der Kursverfall fort. Vielleicht versucht der Markt damit, dem Trader etwas mitzuteilen. Denn die Märkte kommunizieren mit uns. Ihre Botschaften lassen sich mit der Technischen Analyse entschlüsseln. Unser Trader hat seine Augen und Ohren leider gegen diese Botschaften des Markts verschlossen.
Wenn er nur einen Moment lang innehalten würde und die Kursbewegungen objektiv betrachten könnte, würde sich sein Gespür für den Markt auch wieder erholen. Was passiert zum Beispiel, wenn viel versprechende Daten herauskommen, die Kurse aber trotzdem nicht steigen, sondern vielleicht sogar fallen? Diese Art von Kurssituation spricht Bände über die Psychologie der Märkte und darüber, wie man sich darin verhalten sollte.
Ich glaube, es war der berühmte Trader Jesse Livermore, der erstmals die Idee formuliert hat, man könne das Ganze besser aus der Ferne betrachten. Die Technische Analyse zwingt uns dazu, einen Schritt zurückzutreten und dadurch vielleicht eine bessere Sichtweise des Marktgeschehens zu fördern.
Drittens ist es auch dann wichtig, die technischen Charts zu beachten, wenn Sie nicht mit Haut und Haaren an deren Wirksamkeit glauben. Denn manchmal sind die darauf abgebildeten Szenarien einer der Hauptgründe für etwaige Kursbewegungen. Da sie also zu den marktbestimmenden Faktoren gehören, verdienen sie auch unsere Beachtung.
Viertens lehrt uns die Zufallstheorie, dass das Kursniveau des einen Tages keinerlei Einfluss auf die Kursbewegungen des nächsten Tages ausübt. Diese akademische Sichtweise lässt allerdings einen wichtigen Faktor außer Acht – den Menschen selbst. Denn die Menschen erinnern sich von einem Tag auf den anderen an die Kurse und verhalten sich in entsprechender Weise. Also beeinflussen die Reaktionen der Menschen die Notierungen, die dann wiederum die Reaktionen der Menschen beeinflussen. Die Notierungen selbst sind einer der wichtigsten Faktoren der Marktanalyse. Viele Menschen, die sich abfällig über die Technische Analyse äußern, vernachlässigen diese Tatsache.
Fünftens sind die Kursbewegungen die direkteste und zugänglichste Methode, das Verhältnis von Angebot und Nachfrage insgesamt zu beurteilen. Manchmal gibt es Fundamentaldaten, die der Öffentlichkeit noch nicht bekannt sind und trotzdem erwartungsgemäß auf die Notierungen einwirken. Denn alle Trader, die im Voraus von einem Markt beeinflussenden Ereignis wissen, haben wahrscheinlich so lange ge- oder verkauft, bis die derzeitigen Notierungen diese Informationen widerspiegeln.
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